Nochmal Kolumbien

Nach langer Funkstille kommt endlich mal wieder ein Update.

Schwägerin Sabine hatte ja schon einiges berichtet über unseren Ausflug ins Landesinnere nach Medellin und Salento.

Nach der weitestgehend weißen Stadt Cartagena fiel schon beim Landeanflug auf Medellin auf, dass hier rote Ziegel vorherrschen. Nur wenige Häuser sind verputzt, die meisten in rohem Backstein mit Wellblech belassen. Auf den ersten Blick nicht wirklich schön, aber nach einiger Zeit arrangiert man sich damit und sucht das Schöne woanders.

Beeindruckend ist z.B. die Street Art in Medellin. In belebteren Gegenden sind viele der sonst eher tristen Fassaden versehen mit aufwändig gestalteten Wandgemälden, sogenannten Murals. Die größte Dichte an Murals hat es in der Commune 13, heute deswegen der Touristenmagnet von Medellin, früher eines der tödlichsten Viertel weltweit.

Hier haben wir eine Führung mitgemacht und sehr viel von unserem Guide gelernt, der selbst in dem Viertel lebt. Die Commune 13 war zu Pablo Escobars Zeiten schon sehr wichtig für den Drogenhandel. Hier verläuft die Strasse nach Cartagena, über die ein Großteil der Drogen für den europäischen Markt zum Weitertransport ans karibische Meer gebracht wurde.

Nach dem Tod von Pablo Escobar ging die Gewalt in Medellin zwischen rivalisierenden Banden erst richtig los. Um dem entgegenzuwirken, haben zum einen Polizei und Militär einige große Reinigungsaktionen durchgeführt, bei denen es zu kriegsähnlichen Zuständen kam. Allzu viel Wert auf Menschenrechte wurde dabei nicht gelegt. Zum anderen hat die Stadt auch massiv in den öffentlichen Nahverkehr investiert. Die ärmeren Stadtteile sollten besser angebunden werden, um den Bewohnern dort bessere Chancen zu bieten.

Da Medellin nur eine kleine Fläche in der Ebene hat, ist die Stadt im wesentlichen über mehrere Hundert Höhenmeter die Berge hochgewachsen. Je höher man kam, desto ärmer wurde es. Die einfachste und effizienteste Anbindung dieser Viertel ging mit Hilfe von Seilbahnen. So hat Medellin heute in der Ebene eine dicht getaktete Metro und direkt an den Metro-Haltestellen die Talstationen der Seilbahnen. Commune 13 hat zusätzlich zur Seilbahn auch eine Fahrtreppe, über die der Großteil der Touristen ins Viertel gebracht wird. Neben der Fahrtreppe gibt es jetzt dichtgedrängt Bars, Galerien, Andenkengeschäfte etc. Wie in anderen Touristen-Hotspots auf der Welt hat das dazu geführt , dass in der Nähe der Treppe kaum noch jemand wohnt. Aber besser als tägliche Schießereien.

Die Bedeutung des Nahverkehrs für die Stadt erkennt man auch am hervorragenden Pflegezustand von Metro und Seilbahnen. Die Einwohner sind echt stolz darauf. Sie kämen nie auf die Idee, in den Bahnen Scheiben zu zerkratzen oder Müll wegzuschmeißen.

Ansonsten hat Medellin in Sachen Architektur und Kultur nicht besonders viel zu bieten. Wegen der gewalttätigen Vergangenheit ist wohl nie viel Geld in die Stadt geflossen. Immerhin gibt es einige wenige Highlights. Der in Medellin geborene Maler und Bildhauer Fernando Botero hat seiner Stadt viele Gemälde und Statuen geschenkt, die im Stadtzentrum an vielen Stellen zu bewundern sind.

Eine besondere Plastik von Botero steht im San Antonio Park. Sie wurde bei einem Bombenanschlag 1995 stark beschädigt, bei dem 23 Menschen getötet wurden. Im Zuge der Aufräumarbeiten wollte der damalige Bürgermeister die Plastik entsorgen, hat dann allerdings von Botero sofort einen Anruf bekommen, diese Plastik als Mahnmal gegen den Terror gefälligst so stehen zu lassen. 

Sehr schön ist auch der ehemalige Justizpalast. Eigentlich hätte er vor einigen Jahren abgerissen werden sollen, aber dank einer privaten Initiative wurde er in eine Shopping Mal mit vielen kleinen lokalen Geschäften umgewandelt.

Nach drei ereignisreichen und anstrengenden Tagen ging es dann weiter nach Salento, einem kleinen Ort in den Vor-Anden. Salento liegt mitten in der Kaffeeanbauregion, ist aber vor allem wegen der Wachspalmen bekannt, die als die weltgrößten Palmen gelten. Ob man wegen der Palmen dorthin fährt, muss jeder für sich entscheiden.

Wir haben eher einen Bogen um diese touristisch sehr erschlossenen Pflanzen auf abgeholzten Hängen gemacht und sind lieber durch die abwechslungsreiche Hügellandschaft gewandert oder haben eine Kaffeeplantage besichtigt.

Salento gehört als Standardbaustein in jede Kolumbienrundreise. So waren wir gespannt, wie touristisch der Ort ist. Und wir wurden positiv überrascht. Natürlich laufen viele Touristen durch den Ort, gibt es viele Andenkenläden, viele Restaurants etc. Aber alles ist klein und überschaubar geblieben.

Die Geschäfte und kleinen Hotels werden von Einheimischen betrieben, nicht von Finanzinvestoren. Morgens wird man nicht vom Autolärm geweckt, sondern von Pferden, die durch den Ort getrieben werden auf dem Weg zur Arbeit. Teils dienen Pferde noch als Fortbewegungsmittel der Einheimischen auf ihren Plantagen, teils werden sie für Touristentouren genutzt.

Sehr zur Freude von Petra gab es mitten im Ort eine große Billardhalle, die im Wesentlichen von Einheimischen gut besucht wurde. Aber auch als Tourist wurde man nicht schief angeschaut, wenn man eine Runde gespielt hat. Und Petras größte Freude waren natürlich die moderaten Temperaturen auf 1900 Meter Höhe.

Umso heftiger schlugen dann aber bei der Rückkehr nach Cartagena die 35°C wieder zu. Nach Sabines Abreise standen im wesentlichen Einkäufe auf dem Programm, denn das nächste Ziel sollten die San-Blas-Inseln vor Panama sein, wo man so gut wie gar nichts mehr einkaufen kann. Also haben wir alle Vorrats-Schapps randvoll gemacht.

Letzte Programmpunkte vor der Abfahrt waren Wäschewaschen und Trinkwasser tanken. Leider war beides gar nicht so einfach, denn in ganz Cartagena ist für vier Tage das Wasser ausgefallen. Es kamen nur kleine Rinnsale aus der Leitung, die alle paar Stunden eine Klospülung gefüllt haben, aber bei weitem nicht genug für eine Waschmaschine. Unseren Wassermacher wollten wir auch nicht zum Füllen des Tanks nutzen, da das Hafenwasser in Cartagena alles andere als lecker war. Glücklicherweise kam am letzten Tag vor der Abfahrt das Wasser wieder, so dass wir die Wäscheberge noch von Hand abbauen und den Tank füllen konnten.

Beeindruckend war in diesem Zusammenhang der Gleichmut der Cartagener. Mit einem Schulterzucken meinten sie, das Wasser komme morgen wieder, vielleicht aber auch erst übermorgen.

In Cartagena hat wieder ein Crewmitglied angeheuert, Andrin, ein junger Schweizer, der vor zwei Jahren vom Mittelmeer auf verschiedenen Segelbooten bis nach Kolumbien kam und seitdem Südamerika bereist hat. Andrin wollte mindestens bis Panama mitkommen, vielleicht auch weiter. Dank seiner Zeit hier konnte er natürlich sehr gut Spanisch sprechen, was für uns in Panama noch sehr hilfreich werden sollte.

Nach dem Auslaufen aus Cartagena haben wir noch eine Nacht auf den Islas Rosarias verbracht, wo wir mit Sabine schon waren. Hier stand noch eine Werbeaufnahme auf der Agenda. Bei einer Seglerfeier in Cartagena hatte Petra bei einem Kochwettbewerb den ersten Platz abgeräumt und eine Flasche guten Rum gewonnen. Von der Erstverkostung wollte der Veranstalter der Feier ein Foto in schöner Umgebung haben. Die Islas hatten nach dem Großstadtambiente von Cartagena endlich das passendes Ambiente.

4 Antworten auf „Nochmal Kolumbien“

  1. Herzlichen Dank für den Bericht. Wie schön und passend dass Petra den Wettbewerb gewonnen hat. Für niemanden der ihre Küche genießen darf aber eine große Überraschung ☺️
    Viel Spaß beim Weitersegeln wieder zu dritt.
    Schöne Grüße

  2. Ahoi und denn man Prost !
    Die Murales sind wirklich sehr beeindruckend , selbst auf den Fotos.
    Und ich stimme zu: den ersten Preis beim Kochwettbewerb kann nur Petra gewinnen. Noch eine gute Zeit euch in der Karibik und bringt gutes Wetter mit.
    Liebe Grüße Reinhard

  3. Wow! Mal wieder ein super Bericht, der einen im Kopf mit auf Reisen gehen lässt … Klasse … bin ganz geflasht…
    Man spürt förmlich den erfrischenden kühleren Windhauch in Salento und dann wieder den Hitze-Wumms weiter unten, hört das Knacken der Äste bei der Brücke und das Klacken der Billardkugeln, fühlt die Freude, die die versenkte Billardkugel und vor allem der Kochwettbewerb – incl richtiger Entscheidung der Jury (GLÜCKWUNSCH, liebe Pee!! Wohlverdient!! )- gemacht haben.
    Wie schön!

    Tausend Dank für all die Eindrücke, an denen ihr uns teilhaben lasst! Ist fast wie selber Reisen, nur ohne Stress und Wassermangel 😉.
    Haltet die Ohren steif,
    Eure Liddelsista

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