Fitzcarraldo am Rio Dulce

Erstmal vielen Dank an Reinhard für Deine Assoziation zu Fitzcarraldo. Wer den Film mit Klaus Kinski nicht kennt, findet hier eine Zusammenfassung.

So spektakulär wie im Film war es glücklicherweise aber nicht, über die Sandbank des Rio Dulce gezogen zu werden. Pünktlich zum Hochwasser kamen die beiden Schlepper, kräftige Boote, die für den Schleppbetrieb passend umgebaut waren. Die Leinenverbindungen waren schnell hergestellt und dann ging es ganz sacht ohne Rucken in den Leinen über die Sandbank. Der seitliche Schlepper hat die Sutje nicht mehr als 20° gekrängt, und wir hatten keine Grundberührung. Wahrscheinlich hätte ich mich auch ohne Hilfe mit eigener Maschine unter Vollgas über die Sandbank schieben können, aber so war es auf jeden Fall sicherer.

Nach dem Passieren der Barre fiel der Anker vor Livingston, wo ich einklarieren musste. Das Einklarieren kann man hier entweder selbst machen und die fünf notwendigen Behörden finden und in der richtigen Reihenfolge anlaufen, oder man kann einen Agenten beauftragen. Ich bin über den Agenten gegangen, was sehr bequem war. Er hat die fünf Officials eingesammelt und per Boot zur Sutje gebracht. Vorort wurden alle Papiere geprüft, sogar das gelbe Impfbüchlein mit den COVID-Nachweisen wollten sie sehen.

Nur der Pass wurde nicht gleich gestempelt, den sollte ich mir zwei Stunden später an Land beim Agenten abholen. Der Agent wies mich auch gleich darauf hin, dass ich tunlichst keine Fender draußen oder Wertsachen an Deck lassen solle, wenn ich an Land komme, weil die ganz schnell wegkommen würden. Eine schöne Einstimmung.

Also Dinghy klarmachen und an Land fahren, um den Ort zu besichtigen und den Pass zu holen. Gleich beim Anlegen an der Stadtpier kam ein junger Mann, der mich mit dem Nötigsten versorgen wollte – einer Gastlandflagge von Guatemala und Marihuana. Brauchte ich beides nicht.

Der Ort war nicht besonders schön, aber es gab brauchbare Läden für Lebensmittel und lokale SIM-Karten. Beeindruckend war aber der intensive Straßenverkehr mit Autos, Mopeds, Tuk tuks und LKWs, denn Livingston ist nicht ans Straßennetz von Guatemala angeschlossen, Waren und Menschen kommen nur per Boot aus dem Landesinneren.

Nachdem ich meinen gestempelten Pass abgeholt habe, ging es gleich weiter flussauf. Nach den Warnungen des Agenten wollte ich keine Nacht vor Livingston verbringen. Die ersten Meilen gingen sehr spektakulär durch einen ziemlich engen und kurvigen Canyon mitten durch den Urwald mit ohrenbetäubenden Geräuschen von Vögeln und Zikaden, bevor der Canyon sich zu einem großen See erweiterte.

Hier habe ich neben einem kanadischen Schoner für eine Nacht geankert. Kurze Zeit nach der Ankunft kam Richard, der Skipper angerudert und hat mich zum Abendessen eingeladen. Er hatte eine Backpacker-Crew von einem italienischen Mann und zwei jungen deutschen Frauen an Bord, die sich um die Pantry gekümmert haben. Es war ein sehr netter Abend, und ein Vorteil des Alleineseglers, denn so etwas passiert einem kaum so spontan, wenn man zu mehreren unterwegs ist.

Von Richard habe ich auch viele Tipps zum Überwintern in Nova Scotia oder Neufundland bekommen – eine der vielen Optionen, wie es nächstes Jahr weitergehen könnte.

Am nächsten Morgen ging es noch einmal zehn Meilen eher langweilig über einen See, bis der Anker vor der Werft gefallen ist.

Eigentlich wollte ich dort noch ein paar Tage vor Anker verbringen, bevor Sutje aus dem Wasser gehen sollte. Beim Besuch im Werftbüro zur Vereinbarung eines Krantermins meinten sie, man könne auch gleich kranen. Also Anker auf und ins Kranbecken gefahren. Bei früheren Kranungen war es immer notwendig, den Kranfahrer zu instruieren, wo die Gurte sitzen müssen. Hier nicht. Sie haben einen Taucher runtergeschickt, der die Gurte positioniert hat. Absolut souverän. Kurze Zeit später stand Sutje aufgepallt auf ihrem Platz und – nächster Positivpunkt – sie haben sofort und ungefragt eine Leiter gebracht, damit ich hochklettern kann. Auf anderen Werften mussten wir entweder stundenlang warten oder uns selbst auf die Suche nach einer Leiter machen. Und das ganze Werftgelände ist sagenhaft sauber und aufgeräumt.

Mittlerweile hat sich Sutje in eine Baustelle verwandelt. Ich werkle drinnen an diversen Projekten, die Werft erneuert das auf Gran Canaria verkorkste Unterwasserschiff. Bisher lief auch da alles sehr gut. So kann es weitergehen.

Im Boot mag man momentan aufgrund der Temperaturen allerdings nicht wirklich arbeiten und schon gar nicht wohnen. Das Thermometer ist am Anschlag. Das Hygrometer im folgenden Bild ist übrigens nicht kaputt. Es war tatsächlich nicht ganz so feucht wie an anderen Tagen, und bei dieser Temperatur fällt die relative Feuchte noch weiter.

Wie gut, dass zumindest die auf Providencia ausgestiegene Kühltechnik unserer Kühlbox schon ausgetauscht ist und alles wieder läuft. Und man kann jetzt sogar Eiswürfel machen!

Da die Temperaturen nicht überraschend kamen, hatte ich schon vorab einen kleinen Bungalow auf der anderen Seite des Flusses gemietet. Ist zwar auch warm, aber es hat Schatten, Ventilatoren und einen kleinen Pool zum Abkühlen.

Hier ist es auch absolut sicher, den Bungalow kann man nicht einmal abschließen. Dafür sorgen die beiden Wachhunde, deren Schicht ab Sonnenuntergang beginnt. Tagsüber sind sie völlig entspannt, in der Dunkelheit aber auf Krawall gebürstet.

Leider so sehr, dass Buster, ein Mastiff oder ähnliches mit sicher mehr Gewicht als ich, mich gestern Abend bei der Rückkehr aus der Kneipe als Einbrecher identifiziert und so kräftig überraschend von hinten in die Wade gebissen hat, dass die Wunden genäht werden mussten.

So etwas wie Krankenhäuser oder Notaufnahmen gibt es hier nicht, aber dank Monika, meiner Spanischlehrerin wurde ich trotzdem verarztet. Sie hat mich sofort mit ihrem Auto abgeholt und erst für Antibiotika zur Apotheke und dann zum Nähen auf die Feuerwache gebracht. Dort wurde ich in der Garage zwischen den Feuerwehrautos sehr kompetent wieder zusammengeflickt.

Da ich gerade etwas in der Mobilität eingeschränkt bin, hatte ich heute endlich Zeit, mal wieder einen Artikel zu schreiben. Die Projekte auf der Sutje mussten zumindest heute warten.

Und Kneipentouren am Abend sind auch erstmal abgesagt, bis ich mich etwas besser mit Buster angefreundet habe.

Die letzte Etappe

Heute habe ich auf der Insel Utila aus Honduras ausklariert und bin auf dem Weg nach Guatemala, wo ich die Sutje im Rio Dulce für die Hurrikansaison an Land stellen will.

Utila ist eine kleine flache Insel mit vielen bunten Shops und lauten Kneipen. Hier ist ein Treffpunkt der internationalen Backpacker-Gesellschaft, die ihre Tage mit Tauch- oder Schnorchelausflügen zu den vielen Riffs verbringen und abends die Gastronomie bevölkern. Auch gibt es hier, wie auf Guanaja und Roatán, eine beachtliche Expat-Community.

„Die letzte Etappe“ weiterlesen

Schwaben in Honduras

Die Insel Guanaja gehört neben Roatan und Utila zu den Bay Islands im Golf von Honduras. Liest man sich die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts zu Honduras durch, kommt man zu dem Schluß, besser einen Bogen um Honduras zu machen. Seit mehr als einem Jahr besteht dort ein Ausnahmezustand zur Bekämpfung der Bandenkriminalität. Dazu kommt die allgemein hohe Kriminalität in Mittelamerika. Und das Thema Drogen ist auch hier präsent, da Honduras auf der Transportroute von Kolumbien in die USA liegt.

Auf Gunaja ist davon glücklicherweise überhaupt nichts zu spüren. Im Schiff muss man sich nachts nicht verbarrikadieren. Auch das Dinghy habe ich nie festgekettet, ohne dass es weggekommen ist.

Guanaja mit seinen gut 5000 Einwohnern besteht aus einer großen Hauptinsel, die nur in den Uferregionen besiedelt ist, vielen teils bewohnten, teils unbewohnten kleinen Inselchen sowie der „Dorf“insel Bonacca. Diese Insel ist komplett bebaut. Hier leben die meisten Bewohner und hier sind fast alle Geschäfte. Jeden Mittwoch kommt das Versorgungsboot vom Festland. So sind am Donnerstag die Regale im Supermarkt wieder voll und die Obst- und Gemüsehändler haben mehr als Kartoffeln und Kochbananen.

„Schwaben in Honduras“ weiterlesen

Jan alleine unterwegs

Mittlerweile ist Petra seit knapp zwei Wochen in Deutschland und genießt dort Kälte, Nieselregen und blühenden Flieder.

Nach ihrer Abreise hatte ich noch ein paar schöne Tage auf Providencia, während der Wind für eine Weiterreise nach Guanaja/Honduras noch nicht gepasst hat. Auch hatte ich den markanten Split Hill, eine von drei möglichen Wanderungen auf der Insel noch nicht gemacht, was ich jetzt nachholen konnte.

„Jan alleine unterwegs“ weiterlesen

Die zwei Seiten von Panama

Die Fahrt von Kolumbien nach Panama verlief zügig, angenehm und ereignislos. Mit Andrin als drittem Crewmitglied an Bord war die nächtliche Wachzeit mit vier Stunden überschaubar. Planmäßig mit dem Morgengrauen kam die panamaische Küste in Sicht. Unser Ziel war Puerto Obaldia ganz im Osten von Panama an der Grenze zu Kolumbien. Hier wollten wir einklarieren, was sich leider als problematisch erwies. Direkt vor Obaldia konnten wir nicht ankern, da eine ziemliche Welle in die Bucht stand, bei der wir nie ohne Blessuren ins Dinghy oder mit dem Dinghy an Land gekommen wären. Also weiter in die nächste Bucht, die ruhig und geschützt sein sollte. Von hier wollten wir uns mit einem Lancha (das sind die typischen Verkehrsmittel in der Gegend – lange offene Boote mit vielen Außenborder-PS) nach Obaldia bringen lassen.

„Die zwei Seiten von Panama“ weiterlesen

Nochmal Kolumbien

Nach langer Funkstille kommt endlich mal wieder ein Update.

Schwägerin Sabine hatte ja schon einiges berichtet über unseren Ausflug ins Landesinnere nach Medellin und Salento.

Nach der weitestgehend weißen Stadt Cartagena fiel schon beim Landeanflug auf Medellin auf, dass hier rote Ziegel vorherrschen. Nur wenige Häuser sind verputzt, die meisten in rohem Backstein mit Wellblech belassen. Auf den ersten Blick nicht wirklich schön, aber nach einiger Zeit arrangiert man sich damit und sucht das Schöne woanders.

„Nochmal Kolumbien“ weiterlesen