Nun durfte auch ich (Karin) Pee und Jan im Paradies besuchen. Mein Ziel war Guadeloupe, ein Archipel der Kleinen Antillen, das zu Frankreich gehört und sechs bewohnte Inseln hat, von denen wir fünf besucht haben: Basse-Terre und Grand-Terre bilden die beiden Flügel der Schmetterlingsinsel, Marie-Galante ist ein rundes Eiland im Süden des Archipels, Terre-de-Haut und Terre-de-Bas gehören neben unbewohnten Inseln zu den zauberhaften Les Saintes.
Im frostigen Berlin habe ich mir alle Klamotten übereinander angezogen, auf der Reise dann alles von mir geworfen. Es war durchgehend heiß, die Nächte warm, von Regen kaum eine Spur, das Atlantikwasser „kühle“ 25 Grad.
Die Hauptstadt Point-à.Pitre hat wenig Charme, aber gute Einkaufsmöglichkeiten. Die Preise auf Guadeloupe liegen deutlich über denen bei uns, wir sind schließlich in Frankreich und vieles muss importiert werden. Die Einkaufszentren sind hochmodern, der Carrefour war der größe Supermarkt, den ich je gesehen habe. Die Marktplätze der Stadt haben wenig Lebensmittelstände, sondern eher Souvenirs für Touristen, die größtenteils von den riesigen Kreuzfahrtschiffen in die Stadt gespült werden.
Auf der Sutje
Für zwei Wochen durfte ich meine Berliner Altbauwohnung gegen den Lebensraum Segelschiff tauschen. Die gute Stube, den Salon, haben wir kaum genutzt, meistens saßen wir in der Plicht, dem Esszimmer, mein Schlafzimmer war die gemütliche Bugkoje. Die Dachterrasse, das Schiffsdeck, war meist schon am Vormittag zu heiß, aber jenseits der Reling gab es einen riesigen Swimmingpool. In der Kombüse zauberte Maître de Cuisine Pee fast jeden Abend ein sehr schmackhaftes Mahl. Hier ist aber auch die Bäckerei und Meierei zu Hause, wird doch Brot, Joghurt und Frischkäse stets selbst zubereitet. Die Lebensmittelvorräte lagern in unzähligen Schapps und Bodenluken. Ein tägliches Gehirnjogging, sich zu merken, was wo lagert und hingehört.
Nur zu Beginn in Point-à-Pitre lag die Sutje in einer Marina, danach haben wir geankert, bzw. das Schiff an einer Mooring (Ankerboje) vertäut. Ohne Steg muss jeder Landgang mit dem Dinghi gemacht werden, was Jan nicht davon abgehalten hat, jeden Morgen frische Croissants und Baguette vom Bäcker zu holen. Ohne Strom- und Wasserleitung muss Elektrizität aus Wind und Sonne erzeugt werden und das Trinkwasser mit dem Watermaker, was wiederum Strom kostet. Das erzieht jeden an Bord zu einer nachhaltigen Sparsamkeit. Und schließlich, ohne Marina schwankt die Behausung bei Tag und Nacht und wenn Du denkst, kein Wind, keine Wellen, dann hast Du noch nichts vom Schwell gehört (so wie ich zuvor): Das ist eine Dünung, die von Gott-weiß-woher kommen kann und das Schiff das Rollen lehrt.
Inselhopping
Die Sutje ist nicht nur ein autonomes Tiny-House, man kann damit auch segeln! Wir haben allerdings nur Inselhopping innerhalb des Archipels gemacht, bei ruhigem Wind und Wetter. Hier war das Ziel das Ziel und nicht der Weg, die kurzen Segeltörns waren aber auch sehr schön. Einmal mussten wir motoren, da hatten wir den bei Seglern, im Gegensatz zu Radlern und Paddlern, unbeliebten Rückenwind. Auf dem Meer fliegen hier in der Karibik mehr Fische als Vögel. Nur küstennah sieht man Fregattvögel am Himmel und Pelikane dicht über das Wasser streifen.
Das Sargassum-Problem
Auf dem Meer sind vom Schiff aus allenthalben gold-kupfern leuchtende Tupfer im tiefen Blau zu sehen, die für das unbedarfte Auge schön anmuten, für die Karibik aber katastrophale Folgen haben. Es handelt sich dabei um schwimmende Sargassum-Teppiche aus Millionen Tonnen Braunalgen, die sich seit gut 10 Jahren aufgrund von Überdüngung und Erwärmung vermehrt im Atlantik bilden. An allen Stränden, die auf der Passatseite der Inseln liegen, türmen sich breite, nach faulen Eiern stinkende Braunalgenspülsäume auf, die Strandurlauber vertreiben und eine ökonomische Katastrophe für die dortigen Touristen Resorts darstellen.
Wandern auf Basse-Terre
Guadeloupe ist ein Wanderparadies, wenn man die Berge nicht scheut. Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich, Fauna und Flora wie im Discovery Channel, aber real, die Ausblicke spektakulär und die Wege gut ausgeschildert. Allein, während ich in der Brandenburgischen Mark einfach ausschreiten und die Gedanken fliegen lassen kann, verlangen hier Steine, Wurzeln und Hangneigung bei jedem Schritt eine Entscheidung. Gutes Schuhwerk ist ein Muss und ich empfehle ausreichend Wasser mit Elektrolyten, denn die Haut hat am Ende einer Wanderung unter sengender Tropensonne eine Salzschicht wie ein Stück Pökelfleisch.
Paradox: Basse-Terre ist die Insel mit den hohen Bergen, Grande-Terre ist kleiner und flacher. War das Französisch der Namensgeber noch schlechter als meines? Jedenfalls haben wir auf Basse-Terre insgesamt drei Wanderungen unternommen: Auf schlammigen Pfaden im tropischen Regenwald Saut des Trois Cornes, mit Brettwurzelbäumen, Blattschneiderameisen, Baumtermiten, Bromelien und kleinen Wasserfällen. Natürlich haben wir auch den Soufrière bestiegen. Der höchste Berg der Kleinen Antillen und aktiver Vulkan, lüpft nur sehr selten sein Passatwolkenhut – für uns wurde eine Ausnahme gemacht und wir konnten die weite Sicht auf den ganzen Archipel, aber auch auf die Inseln Montserrat und Domenica genießen. Landschaftlich war diese Wanderung sehr vielseitig, erst Regenwald, dann Savanne, schließlich Mondkrater. Es empfiehlt sich früh zu starten, da die Parkplätze für dieses beliebte Ausflugsziel rar sind. Schließlich, als wir später wieder in der Bucht von Malendure ankerten, haben wir noch eine kurze Küstenwanderung unternommen.
Marie Galante
Als Kind hatte ich ein goldenes Klapprad, über 50 Jahre später fahre ich das erste mal, nein kein Klapp-, sondern ein Faltrad, ein echtes Brompton, davon haben Pee und Jan zwei Stück an Bord und ich erkunde zusammen mit Jan die Insel Marie Galante, die flacher ist als die anderen Inseln des Archipels, aber steil genug, um uns ins Schwitzen zu bringen und an einigen Stellen zum Absteigen zu zwingen. Der Plage Moustique nicht weit von Saint Louis sieht aus wie aus einem Werbeprospekt für die Karibik, man kann hier ganz wunderbar schwimmen und dennoch ist kaum ein Mensch zu sehen. Apropos moustique, Stechmücken hatten wir keine, aber die fiesen kleinen Sandmücken greifen an, sobald es dämmert.
Îles des Saintes
Die Îles des Saintes entsprechen im positiven Sinne dem Karibik-Klischee und waren das Highlight meiner Reise nach Guadeloupe. Terre-de-Haut ist etwas touristen-trubelig, aber nicht überlaufen und mit einer sehr entspannten Atmosphäre, ein wenig wie die Schären – in tropisch. Fünf Nächte haben wir in der Bucht geankert, sowohl Terre-de-Haut als auch Terre-de-Bas erwandert und ich habe hier die drei Evolutionsstufen Sit-Up-, Knee-Up-, Stand-Up-Paddling durchlaufen. In der Bucht Petites Anses sind wir mit jungen Pelikanen geschwommen, die sehr neugierig ganz nah kamen – unvergesslich.
Am Abend Hafenkino, Kampf um die Moorings, einlaufende Kreuzfahrtschiffe, aber keine großen Pötte, eher die noblen kleinen, deren Passagiere mit Rettungsbooten zwischen Insel und Schiff bewegt werden.
Das Sozialleben der Segler
Nicht selten legte ein fremdes Dinghi an der Sutje an, darin andere Segler, die Lust auf einen Plausch hatten. Die Atlantikquerer eines Jahrgangs scheinen eine eingeschworenen Gemeinschaft zu sein, die Kontakt hält und sich gegenseitig mit Tipps versorgt. Einen Abend waren wir auf den Katamaran von Volker und Cornelia eingeladen, ein schwimmendes Loft mit allem Schnick und Schnack, sogar ebenen Flächen. Wir waren zu siebt, es hätten noch viel mehr um den Tisch Platz gehabt, und unsere Gastgeber haben uns kulinarisch verwöhnt. Vielen Dank, wenn Ihr das hier lest!
In Malendure trafen wir die beiden wieder, an meinem letzten Abend, den wir auf der Terrasse des Restaurant Le Rocher de Malendure verbrachten, mit gutem Essen, tollem Service und einem traumhaften Blick über die Bucht.
Abschied vom Paradies
Und dann war der Urlaub leider vorbei und ich musste Abschied nehmen und zurück zum Airport. Public Transport ist ein Buch mit sieben Siegeln auf Guadeloupe. Es gibt zahlreiche Buslinien, aber niemand kennt den Fahrplan, nicht die Touristeninformation, nicht die Busfahrer. Trampen geht hervorragend für kurze Strecken. Mein Bus, der dann doch sofort kam, als ich die Haltestelle per Anhalter erreicht hatte, fuhr mich für 3 Euro über die Berge zurück nach Pointe-à-Pitre. Dort habe ich zum letzten Mal ein Bokit gegessen, das typische Streetfood der Insel, bestehend aus frittiertem Hefeteig mit deftiger Füllung aus Fisch, Huhn oder anderen Leckereien. Als ich mich nach einem Bus zum Flughafen erkundigt habe, wurde ich von einer Mami, die ihre Töchter abholte, ins Auto verfrachtet und bis zum Terminal gefahren. Überhaupt, die Menschen auf Guadeloupe sind ausgesprochen freundlich, hilfsbereit und tiefenentspannt.
So, und ganz zum Schluss nochmal ein ganz herzliches Dankeschön an Pee und Jan. Toll, dass ich Eure Weltreise ein kleines Stück begleiten durfte. War schön jewesen.
Liebe Karin, hab ganz herzlichen Dank für den ausführlichen und interessanten Beitrag- Es muss ja wunderschön gewesen sein!! Wir sind gerade in Porto wo ich gerade heute mit Reinhart über unsere beiden Weltenbummler gesprochen habe ( waren sie nach a Coruna dann auch in Porto… wollte es nachsehen)
Ich wünsche Euch weiterhin eine mega schöne Zeit, Ihr seht richtig erholt und entspannt aus…. Viel Freude und liebe Grüße von Reinhart und Alex an Euch drei
Moin liebe Karin,
Ich war fast wieder an Bord durch deinen tollen Bericht. Dir egal wo du nun bist eine gute Zeit.
Herzliche Grüße von Sylt
Sabine 😊
Danke Sabine. Petra sagt ja an jedem karibischen Strand „Sylt ist schöner!“. Ich mag beides. Lieben Gruß aus Berlin