Ein Jahr unterwegs mit der Sutje

So lange sind wir nun schon auf Reise und die Sutje ist unser Zuhause. Da ist es Zeit, mal kurz Revue passieren zu lassen. Wie immer im Leben ist die Zeit auch auf der Sutje eine relative Größe. Zwölf Monate sind im Fluge vergangen und doch hat so manche Stunde bei Nachtwache auf See gefühlt viel mehr als 60 Minuten gedauert.

Wir haben viel gesehen und viel gelernt und mir scheint, bei beidem ist eine Sättigung nicht in Sicht. Von IJmuiden bis Madeira sind wir ca. 3000 sm gesegelt und sind derzeit etwa 1500 sm weit entfernt von unserem alten Liegeplatz im Markermeer. Man sieht, wir sind nicht mit definiertem Fernziel unterwegs, sondern tingeln ganz sutje umeinander. Frankreich haben wir noch ein bisschen zügig passiert und sind flott bis über die Biskaya gesegelt, aber dann haben wir Fahrt rausgenommen und uns Zeit gelassen. In dem ganzen Jahr sind wir 150 Stunden unter Motor gefahren. Das finde ich recht wenig, wenn man bedenkt, dass ja fast jedes Hafen- und Ankermanöver schnell schon mal eine halbe Stunde dauern kann. Wir sind 24 Häfen angelaufen, haben 26 Nächte geankert und 17 Nächte auf See verbracht. Mit unserer Fahrt jetzt von Madeira nach Santa Maria, haben wir aktuell die längste Seepassage zu zweit. Mal sehen, wie es uns dann nach den 5 Tagen geht.

Ein Dauerbegleiter auf der gesamten Reise von Holland bis hier in allen Hafenduschen außer auf Hierro!! ist die Abortfliege, eine träge Kreatur, die auch ich erstmal recherchieren musste. Andere, wie die vielen Spinnen, die wir noch in Holland an Bord hatten, sind uns dann auf See schnell abhandengekommen. Dafür haben wir eine stabile Population von Silberfischchen und seit den Kanaren immer mal wieder Schaben, die sich aber mithilfe von Cockroach Hotels gut in Schach halten lassen. Stechmücken waren ganz seltenen Besucher; das mag jetzt auf den Azoren anders werden.

Seit Weihnachten haben wir einen Weihnachtsstern im Cockpit, der wollte nicht eingehen und da er jetzt schon die Hälfte geschafft hat, wäre es auch nett, wenn er durchhalten würde, um dann seine jahreszeitenspezifische Aufgabe wieder wahrzunehmen. Zu ihm hat sich aktuell eine Ansaat von Thymian gesellt, die es als Gimmik bei LIDL gab. Die Samen keimten flugs und mussten versorgt werden – jetzt haben wir auch 5 Liter Blumentopferde an Bord. Das wäre vor 12 Monaten undenkbar gewesen, aber so ist das halt mit einer Segelyacht, wenn sie zum Zuhause wird. Und nachdem alle 50 Chilis, die wir in Cherbourg zum Trocknen aufgehängt hatten, aufgebraucht sind, hängt eine neue Girlande feuerroter Schoten im Cockpit.

Wie andere Leute in ihrem Zuhause auch, hatten wir Besuch von Nachbarn, Freunden und Verwandten. Nachbarn gibt es viele und neue an jedem Liegeplatz, einige trifft man bei der Reise aber auch immer wieder, wenn sie das gleiche Segelmuster haben, andere sind in der Karibik oder längst wieder über den Atlantik zurück. Aber man bleibt mit vielen im Austausch und es entwickeln sich neue Freundschaften. Besonders schöne Zeiten hatten wir mit den Besuchern, die bei uns in der Vorschiffskabine zu Gast waren. Wenn man dauerhaft weit weg und unterwegs ist, genießt man das Zusammensein, das Segeln und das gemeinsame Wandern und Kochen noch einmal ganz besonders intensiv. Es bringt auch schöne Impulse in die enge Zweisamkeit an Bord.

Schlussendlich haben wir auch unsere Wanderungen noch einmal nachvollzogen und sind in dem Jahr auf 85 Wanderungen gekommen, also alles, was zwingend einen Rucksack mit Wasser und Brotzeit erfordert. Wir haben unsere Reiseziele wirklich intensiv kennengelernt und das ist eine ganz tolle Sache.

3 Antworten auf „Ein Jahr unterwegs mit der Sutje“

  1. Moin Ihr 2,
    Das war wieder mal ein schöner Bericht.
    Wünsche euch eine gute Seereise u hoffe, dass alles so klappt, wie ihr es euch wünscht.
    Freue mich jetzt schon auf meinen nächsten Besuch und die kommenden Wanderungen.
    Herzliche Inselgrüße
    Eure Schwägerin Sabine

  2. Liebe Petra, lieber Jan,
    das sind wahrlich viele Eindrücke und Schritte, die ihr beide genommen habt. Ein beeindruckendes Fazit und toll, dass ihr uns daran teilhaben lasst. Ich wünsche Euch weiterhin viel Freude und Neugierde auf dem weiteren Weg!

  3. Hallo Ihr Beiden, eine schöne Geschichte, ein ganzes Jahr mit ein paar Zahlen anzureichern. Und die vielen Wanderungen glaube ich sofort 🙂 meine Güte, was sind wir klatschnass geworden, und gelacht haben wir. Und einen Reifen gewechselt am Straßenrand, habe ich auch schon lange nicht mehr gemacht.
    Ich bin gespannt, wie Ihr die Azoren wahrnehmt. Bei über 30 Grad hier in München sicherlich eine gute Idee, sich ein kühleres Ziel für den Sommer herausgesucht zu haben. Viel Spaß Euch weiterhin!!

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