Grau zu braun

Wir sind nun schon vor 11 Tagen, am 23.10., auf La Graciosa, der ersten kleinen Insel der Kanaren, angekommen. Aber wir brauchten dann einige Zeit, um uns physisch und psychisch von der Überfahrt zu erholen, so dass wir erst jetzt berichten.

Nachdem der zweite Tag unseres Törns von der Algarve auf die Kanaren wie von Unterwegs berichtet ja recht angenehm war, wurde es anschliessend wieder ruppiger. Die blaue Farbe des Meeres wurde wieder durch grau ersetzt, weil es meistenteils bedeckt war. Der Wind nahm zu, teils bis auf sechs Windstärken und wir haben das Grosssegel verkleinert und sind im zweiten Reff gefahren. Unangenehmer als der Wind war allerdings die Welle – sie kam in kurzen Abständen, war hoch und dazu noch über kreuz aus zwei verschiedenen Richtungen von hinten. Das hat dazu geführt, dass das Boot unablässig innerhalb kurzer Zeit von 30° auf einen Seite auf 30° auf die andere Seite geschleudert wurde. Wir wurden also zwei Tage und Nächte lang komplett durcheinandergerüttelt und alles, was auf dem Boot beweglich ist ebenso. Man stopft dann überall Handtücher und anderes Dämmmaterial rein, aber igendwas klappert und scheppert immer. Immerhin ordnet sich früher oder später abhängig von Gewicht und Oberflächenhaftung alles einem wiederkehrenden aber ohrenbetäubenden Rhythmus von klapper, klapper, rumps unter, den man wie ein Signal für „alles ist noch OK“ nutzen kann. Das hat alle sehr mitgenommen, aber es ist keiner von uns seekrank geworden!!!

Die Freiwache versucht zu schlafen

Auf der Überfahrt hatten wir auch einige Begegnungen mit anderen Schiffen, von denen zwei doch recht interessant waren. Im Golf von Cadiz war Nachts ein Kreuzfahrer unterwegs, der kein AIS-Signal gesendet hat und daher nicht auf unseren Geräten zu sehen war. Das Ding war zwar sehr gut sichtbar. Kreuzfahrtschiffe sehen ja immer aus wie Weihnachtsbäume. Blöd ist dann immer nur, dass man die rot-grünen Positionslichter dann gegen das ganze andere Licht nicht sehen kann. In unserem Fall war es besonders doof, weil man abwechselnd grün und rot sah. Als das Schiff näher kam, stellte sich heraus, dass das die Disko auf dem Oberdeck unter freiem Himmel war. So etwas sollte nicht erlaubt sein. Die können ja alle Farben nehmen, aber nicht rot und grün, denn so konnten wir überhaupt nicht sehen, in welche Richtung das Schiff fuhr.
Später auf der Tour sind wir dann noch einem Frachter begegnet, der zwar auf dem AIS sichtbar war, bei dem wir dann aber auch sahen, dass er auf Kollisionskurs unterwegs ist. Grundsätzlich haben Frachter Segelboot auszuweichen. Jan hat versucht, ihn anzufunken und abzustimmen, wer wie den Kurs ändert. Es kam leider trotz mehrerer Versuche keine Reaktion. Wir haben uns dann auf eine Halse als Manöver des letzten Augenblicks vorbereitet. Kurz drauf hat der Frachter aber seinen Kurs dann doch noch geändert – erstmal noch mehr auf uns zu, kurz danach aber in die richtige Richtung und ist hinter uns durch. Ob er wegen Jans Funkversuch auf uns aufmerksam geworden ist, wissen wir nun leider nicht. Er hat sich nicht über Funk gemeldet, was sonst normal wäre. Das war insgesamt sehr unschön.

Am Morgen des fünften Tages auf See kam als erstes die Isla de Alegranza in Sicht. Wie alles hier vulkanischen Ursprungs und teils mit mächtig hohen Klippen, an denen der Schwell des Atlantik sich spektakulär mit meterhohen Gischtfontänen bricht. In gebührendem Abstand sind wir an der Westküste von Alegranza und dann entlang von La Graciosa gesegelt.

Land in Sicht

Hier war jetzt die Welle schon angenehmer, weil nur noch aus einer Richtung und man konnte die letzten paar Stunden bis zur Ankerbucht wirklich geniessen. Die Francesa Bucht im Süden von La Graciosa hatten wir am frühen Nachmittag erreicht und trotz vieler bereits vor Anker liegender Yachten einen guten Ankerplatz gefunden. In der Zeit, die wir dort waren, lagen teils bis zu 40 Schiffe vor Anker, weil insgesamt die Liegeplatzsituation auf den Inseln hier so prekär ist und die Leute keinen Platz in Häfen oder Marinas bekommen.

Ankerplatz Francesa-Bucht

La Graciosa hat als Ankunftsort gut zu unserem letzten Aufenthalt in der Algarve, Culatra, gepasst. Es ist genauso tiefenentspannt. Der einzige Ort hat nur Sandstrassen und auch hier ist der FlipFlop das angesagte Schuhwerk, wenn man denn nicht auf Vulkankegel oder durch Lavafelder wandern will.

Hauptstrasse

Optisch bietet die Insel ein Potpourie aus verschiedensten, miteinander Beige-, Rot- und Brauntönen, die wie durch einen Pinsel miteinander vermengt sind und im Wechselspiel mit Sonne und Wolken fantastische Eindrücke hinterlassen. Reinhard fand es paradisisch auf La Graciosa, ich würde eher den Schweizer Begriff eindrücklich verwenden. Für ein Paradies war mir da zu wenig grün. Schön waren die Tage der Ruhe dort allemal und beim Wandern, Baden und Schnorcheln haben wir uns alle gut erholt.

Brauntöne

Seit einigen Tagen liegen wir jetzt im Süden von Lanzarote in der Marina Rubicon bei Playa Blanca. Hier ist es zwar touristischer, aber alles sehr schön und ganz ohne Bettenburgen. Seit gestern haben wir einen Mietwagen und erkunden nun gemeinsam die Insel. Zur Info: Man sollte einen Mietwagen so weit im Voraus wie möglich buchen. Wir zahlen jetzt das 5-fache von dem, was wir für einen zweiten Wagen Monatsende zahlen.

Waschtag nach Ankunft in der Marina Rubicon

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