Der zweite Schlag auf unserer Reise hat uns am Dienstag Morgen von Dunkerque aus Richtung Westen in den Ärmelkanal geführt. Recht bald hatten wir unter Halbwind (der Wind kommt von der Seite und das Boot ist schön schnell unterwegs) die Engstelle bei Calais – Dover erreicht. Dort wird man gleich mal mit der aktuellen Migrationsdynamik konfrontiert. Über Funk wurde darauf aufmerksam gemacht, dass viele!!! Schlauchboote ohne AIS (das macht ein Schiff für andere auf einem Bildschirm sichtbar) auf der Passage von Frankreich nach England unterwegs sind und man wegen der schlechten Sicht entsprechend aufmerksam sein soll. Die Französische Marine hat später dann noch gefunkt, dass sie ein Dinghy mit 15 Leuten, die alle Schwimmwesten tragen, gesichtet hat. Dover Coast Guard hat übernommen. Das klang alles sehr routiniert und eingespielt. Aber trotzdem war die Vorstellung erschreckend, dass da bei der Dichte von Frachtschiffen quasi unsichtbare Schlauchboote unterwegs sind, die quer fahren.
Wir selbst hatten glücklicherweise keine direkte Begegnung. Der Funkverkehr hat aber auch gereicht, um einen so richtig nachdenklich zu machen.
Der verbleibende Teil der Reise war dann ausschliesslich den seglerischen Aspekten gewidmet.
Nahe der französischen Küste sind wir um die Weisse Nase und die Graue Nase gesegelt, zwei Kaps, um die wir rum mussten, bevor wir Richtung Süden abgebogen sind. Wir hatten zwar Cherbourg in der Normandie als Ziel und hätten gut weiter Richtung Südwesten segeln können, mussten aber hinter diesen Kaps einen Schlenker vor dem Wind machen, um nicht in das Verkehrstrennungsgebiet zu kommen.
So ein Trennungsgebiet ist immer da, wo es eng ist und dann müssen die Schiffe wie auf einer Autobahn auf ihrer Spur in der jeweiligen Richtung fahren. Das Ganze ist nicht nur für die Berufsschifffahrt, sondern auch wir Segler dürfen dort fahren, aber eben auf der richtigen Seite und die wäre für unsere Richtung die englische Seite gewesen. Also sind wir lieber gleich ausserhalb geblieben und haben den kleinen Umweg nach Süden in Kauf genommen.
In der Nacht schlief dann leider früher als erwartet der Wind ein und so sind wir ein paar Stunden bis Cherbourg unter Motor gefahren. Insgesamt waren wir von Dunkerque nach Cherbourg 32 Stunden unterwegs.
Was noch nicht so gut klappt, ist die Sache mit dem Schlafen. Wir haben beide noch Schwierigkeiten auf Kommando einzuschlafen, während der andere Wache schiebt. Aber wir sind ganz zuversichtlich, dass das noch besser wird.
In Cherbourg sind wir nun schon den dritten Tag und werden wohl auch erst Dienstag weitersegeln, weil die nächsten Tage Wind aus der falschen Richtung kommt und dann Starkwind mit Windstärke 8 angesagt ist. Das ist beides nicht schön und Cherbourg gefällt uns so gut, dass wir auch gar keine Ungeduld verspüren weiterzusegeln. Es droht ja kein nahendes Urlaubsende.
Unseren ersten Tag hier haben wir mal wieder mit Wartung verbracht. Wir hatten leider nochmals Wasser im Schiff. Der Loggegeber (der Sensor, der die Geschwindigkeit des Boots im Wasser misst) war undicht. Der Dichtung hat wohl die Druckwasserbehandlung der Werft in den Niederlanden zum Säubern des Unterwasserschiffs den Rest gegeben und nun kleckerte es da ein bisschen rein. Das will man natürlich nicht und so hat Jan sich gleich wieder um einen Krantermin gekümmert und das lief hier echt gut. Die waren so nett, uns in ihrer Mittagspause kurz rauszuheben, wir haben dann den Sensor mit Dichtmasse neu eingesetzt und waren eine Stunde später wieder im Wasser. Jetzt ist Sutje auch dicht.
Gestern haben wir den Gegend entlang der Küste per Fahrrad erkundet. Die Hafenanlagen mit ihrer eindrucksvollen Aussenmole gehen auf Louis XIV und Napoleon zurück. Links und Rechts der Stadt hat es schöne langgezogenen Sandbuchten. Aber das Wasser ist recht kalt und es zog Nebel auf, so dass man nicht zum Baden aufgelegt war. Austern gibt es hier leider auch keine zum Sammeln, aber ansonsten ist die Nahrungsmittellagen natürlich super, wie man das von Frankreich erwartet. Wir haben dann auch gleich Camembert und Cidre genossen und viele weitere Köstlichkeiten erworben.
Zum Einschlafen hätte ich einen Tipp: die erste Halbzeit England gegen die Ukraine anschauen, da geht es ganz schnell!
Viele Grüße aus Erlangen
PS. Das Fischkonservengeschäft sieht toll aus