Inzwischen sind wir von Terceira weitergezogen nach Sao Jorge. Auch diese Tour von nur 50 Seemeilen haben wir über Nacht gemacht, weil man dann nicht so früh aufstehen muss, um sicher noch im Hellen im unbekannten Hafen anzukommen und sich beim Segeln so auch mehr Zeit lassen kann. Wie auch unsere anderen Schläge zwischen den Inseln war es ein entspanntes Segeln bei leichten Winden und guter Sicht. Sao Jorge und die Nachbarinsel Pico waren die ganze Zeit über gut zu sehen und so hatten wir uns am Wind mit zwei Wenden langsam bis zum späten Vormittag bis in die Meerenge zwischen den beiden Inseln vorgearbeitet. Dort verließ uns der Wind und wir mussten einige Meilen bis zur Marina unter Motor laufen. Gefühlt war das wie eine Ausflugsfahrt im Tuckerboot auf einem Bergsee – ganz ungewohnt war, so viel Land in der Nähe zu haben.
Die Marina von Velas ist recht klein und hat nur wenig Liegeplätze, aber der überaus nette Hafenmeister, dessen Ruf ihm auch entsprechend weit vorauseilt, bemüht sich sehr und bringt gekonnt viele Schiffe unter. Hier liegt man auch im Päckchen. Das heißt, man muss über andere Schiffe steigen, um zum Steg zu gelangen. Das war in den Marinas von Santa Maria, Ponta Delgada und Angra nicht üblich.
Hier in Velas ist nicht nur der Hafenmeister nett, sondern eigentlich alles. Für die Hafenente gibt es ein eigenes Häuschen auf den Felsen. Der Hafengans wird je nachdem, wo sie sich gerade niederlässt, ein Schälchen mit Wasser hingestellt – auch im Eingang zu den Waschräumen, die sie dann unter Zischen freigibt, wenn man kommt. Von der Marina hat man seinen super Blick auf den Pico, den mit ~2500 Metern höchsten Berg Portugals, auf der gleichnamigen Nachbarinsel Pico, der bei südlichen Winden Wolken und Wind abfängt und dafür sorgt, dass in der Marina recht wenig Schwell ankommt. Und dann ist da noch das Örtchen Velas selbst, das sehr hübsch und liebevoll zurechtgemacht und mit seiner kleinen Fußgängerzone sehr einladend ist.
Velas ist die „Haupstadt“ des Käses. Hier auf den Azoren gibt es Arbeitsteilung was die Weiterverarbeitung von Milch betrifft. Käse auf Sao Jorge, Butter und Milch auf Terceira. Und der Käse ist hier wirklich sehr lecker und würzig. Der Meinung waren sogar einige Schweizer, die ich danach befragt habe und das ist wirklich ein Lob.
Ansonsten ist Velas wenig aufreibend. Außer an der wie immer sehr schönen Naturbeckenbadestelle geht es sehr ruhig zu, und es hat noch nicht mal eine der großen Supermarktketten den Sprung hierher geschafft. Aber die lokale Versorgung ist gut und es gibt sogar einen kleinen Unverpackt-Laden mit Lebensmitteln, die sonst eher selten zu finden sind. Da haben wir unseren Vorrat an Paranüssen endlich mal wieder nachfüllen können, was schon lange auf der Liste stand.
Und dann gibt es noch ein absolut überdimensioniertes, EU-finanziertes Markgebäude für einen Markt, der nur am Samstagvormittag offen hat und drei Stände mit Gemüse aus lokalem Anbau bietet. Aber da gab es einen ganzen Arm voll lecker Mangold für 1 Euro!
Aufruhr verursachen hier neben der schreienden Hafengans nur die Seeschwalben, die sich am Abend zu kleinen Trupps zusammenschließen und ähnlich wie bei uns in Deutschland die Mauersegler laut kreischend ihre Flugkünste demonstrieren. Und nach Einbruch der Dunkelheit bietet sich noch ein ganz besonderes Spektakel. Ziemlich plötzlich tönen von überall her laute, nasale Aua Aua Äh Rufe. Die Gelbschnabelsturmtaucher, die draußen auf See so einsam und gekonnt ihre Kreise ziehen, kommen zu ihren Brutplätzen zurück. Das kennen wir auch aus anderen Häfen, aber hier sind es besonders viele und sie kreiseln noch Stundenlang über dem Hafen. Das ist ein recht eindrückliches Konzert.
„Sao Jorge ist ein riesiges Schiff aus Stein, das ewig im blauen Meer verankert ist“ sagt der Touristen-Prospekt. Diese Beschreibung finde ich wird der Insel trotz ihrer blumigen Formulierung nicht gerecht. Klar, es handelt sich hier nicht um einen Sandhaufen, sondern um eine Insel vulkanischen Ursprungs, aber sie ist so durch und durch grün, dass man vom Stein nur direkt an der Küste etwas sieht. Die steilen Hänge an der Küste sind fast überall naturbelassen und entsprechend dicht bewachsen. Im Inselinneren erstreckt sich dann eine abgeholzte Hügellandschaft aus ehemaligen Vulkankratern mit grünen Wiesen über die sich lange Bänder blauer Hortensien-Hecken winden. Hier bekommt man dann wirklich einen Hortensien-Flash.
Speziell sind für Sao Jorge dann noch die Fajas. An vielen Stellen sind den steilen Küstenhängen flache, schwer zugängliche Ebenen vorgelagert. Sie werden traditionell landwirtschaftlich bewirtschaftet und haben die Besiedlung der Insel enorm erleichtert. Aber das Leben dort war oft auch anstrengend und die Fajas sind bei Erdbeben sehr gefährdet; Geröll kommt die Hänge herab und verschüttet Zuwege oder Teile der Fajas. So hat sich dann dort die Struktur von Sao Jorge im Laufe der Zeit am intensivsten geändert.
Die ursprüngliche Bevölkerung ist großteils gewichen und die Ansiedlungen werden eher als Feriendomizile genutzt. In der berühmten Faja da Caldeira de Santo Cristo, ist gerade ein 55 qm Haus für eine ¾ Million Euro im Angebot. Das geht schon Richtung Kampen auf Sylt! Die Wanderungen von der grünen Inselmitte durch die üppigen Hänge herunter zu den Fajas sind aber sehr empfehlenswert und der ursprüngliche Charakter ist trotz der Nutzungsverschiebung auch erhalten geblieben. Sicher ist alles eher etwas aufgehübscht, aber das schadet ja oft auch nicht.
Um auf der Insel herumzukommen benötigt man entweder ein Auto oder man fährt Taxi. Das Tourist Office hat eine Liste mit Telefonnummern der Fahrer und Festpreise zu allen Orten und Anfangs- wie Endpunkten zu Wanderungen. Das klappt auch super, die Fahrer sprechen super englisch, geben einem noch jede Menge Infos zur Insel und – ganz clever – drücken einem nach der Hinfahrt für die Rückfahrt nur ihre Karte in die Hand, anstatt gleich zu kassieren.
Eigentlich wollten wir vor ein paar Tagen schon von Sao Jorge weitersegeln nach Horta auf der Insel Faial. Horta ist berühmt in der Segler-Community, da man üblicherweise dort nach ca. 20 bis 30 Tagen auf See ankommt, wenn man von Amerika wieder Richtung Osten segelt und sich an der Hafenmole mit einem Bild verewigt.
Insbesondere das Peter Café Sport ist als Seglerkneipe weltweit bekannt. Leider hat für die Überfahrt nach Horta der Wind nicht ausgereicht und wir hatten keine Lust, den Diesel vier Stunden lang laufen zu lassen. Daher haben wir kurzentschlossen ein Fährticket von Velas nach Horta gebucht (hier auf den zentralen Azoren gibt es einen sporadischen Fährservice) und hatten vier Stunden Zeit, uns den Ort, das Peter Café Sport und den Hafen anzusehen.
Diese vier Stunden haben für die Erkundung auch voll gereicht. Wir fanden Horta nicht so schön aber irgendwie stressig, vor allem mit vielen Leuten, die etwas zur Schau stellen, wie zahlreiche Harley Fahrer, die die Uferstraße entlang blubbern. Der selbstgebrannte Gin im Peter war lecker und die Kneipe ist sicher super, wenn man dort nach einer Atlantiküberquerung ankommt. Wir aber waren froh, dass wir unser Schiff in der schönen Marina von Velas gelassen haben.
Jetzt warten wir auf brauchbaren Wind, um zurückzusegeln nach Ponta Delgada auf Sao Miguel, um dort unseren Mitsegler Reinhard an Bord zu nehmen.
Hallo Ihr Beiden,
mich beeindruckt noch immer Petras Kochkunst, auch wenn Kohl nicht meine Priorität Nummer 1 wäre. Die Lasagne aber würde ich sicher auch lecker finden.
Und toll, wie Eure Seite nun langsam geordnet wird: mir ist gerade erst aufgefallen, dass man die Beiträge ja schon nach Ort und Zeit suchen kann. Das Projekt wächst weiter…
Sehr schön, wie Ihr das immer alles für uns auf- und beschreibt. Hier ist bald Wüste und nix mehr grün. Die Fajas auf Sao Jorge sehen toll aus, da kann man sich ein exklusives und teures Wohnen gut vorstellen.
Bis bald und gute Weitersegelei!
Angela
Hi ihr 2,
Wieder ein klasse Bericht.
Das macht richtig Laune auf die Azoren….. schade, dass ich da wohl nie mehr hinkomme. Gefällt mir richtig gut.
Freu mich schon auf Dich Pee.
Bis bald u genießt eure Zeit !
Herzliche Grüße
Sabine
So schöne Bilder, da würde es mir auch gefallen. Aber es geht mir wie meiner Namensvetterin, da werde ich wohl nicht hinkommen. Euer Bericht entschädigt ein bisschen🤗