Unsere letzten Wochen in den USA

Die letzten drei Wochen sind wir nun ganz sutje durch das Archipel von Maine geschippert. Felsküste, die hin und wieder Platz für einen kleinen Sandstrand macht, Fjorde und Buchten und zahllose Inseln und ganz viel Wald prägen die Küste von Maine. Mit kurzen Tagestörns kann man beliebig viele ruhige Ankerplätze erreichen und so ganz entspannt dahinreisen und sich durch Zeit und Raum treiben lassen. Kegelrobben sind allgegenwärtig und in windstiller Nacht hört man sie oft dem Boot ganz nahe auftauchen und mehrmals tief und kräftig einatmen. Fast überall konnten wir wandern, mal kurz und einfach, mal lang und anspruchsvoll.

Drei Inseln haben uns dabei besonders gut gefallen.

Hog Island, eine kleine Insel, die von der National Audubon Society bewirtschaftet wird. Die ganze Insel ist Naturschutzgebiet und hat nur ein einfaches Sommercamp, das vor allem von Vogel- und Naturschützern besucht wird. Die Gesellschaft hat erfolgreich Papageientaucher in Maine wiederangesiedelt und macht vom Camp aus nun Exkursionen zu den entlegenen Brutgebieten. Man hat zwei Gästemoorings, die von Bootsreisenden gegen Spende genutzt werden dürfen. Auf der Insel selbst gibt es dann außer dem Camp nur einen Wanderweg, der durch den ungenutzten ursprünglichen Wald führt.

Das zweite Inselhighlight für uns war Monhegan. Dort sind wir nicht mit dem eigenen Boot hin, weil man da nur wenig Platz hat und auch sehr unruhig liegt, sondern wir haben von Port Clyde die Fähre genommen. Die Insel ist wie man sich Bullerby vorstellt, nur eben in Maine. Kleine Häuschen, liebevolle Gärten, ein paar Möglichkeiten zum Einkehren und eine überschaubare Anzahl von Tages- und Vorortouristen. Ein gut ausgebautes und gepflegtes Netz aus Wanderwegen führt einen auf den Klippen um die ganze Insel. Wer jemals nach Maine kommt und ein wenig Zeit hat, dem kann ich nur empfehlen, sich hier für drei Nächte einzumieten und die außergewöhnliche Atmosphäre abseits der Hauptreiserouten zu genießen.

Sehr nett ist auf Monhegan auch das traditionelle Badengehen der Locals. Wenn die letzte Fähre am Abend fährt, springen jung und alt vom Fähranleger ins Wasser und winken der Fähre nach.

Am Ausgangsort der Fähre Port Clyde kann man dann nebenbei auch noch den Leuchtturm besuchen, an dem Forrest Gump bei seinem Lauf durch die USA einen Wendepunkt hatte.

Die dritte sehr schöne Insel war Isle Au Haut, wieder sehr ruhig selbst nach der Ankunft der kleinen Fähre vom Festland. Hier hatten wir nach längerer Zeit mal wieder einen „echten“ Berg zu besteigen, mit 50 Metern zwar nicht hoch, aber anspruchsvoll.

An einem unserer vielen Ankerplätze konnten wir früh am Morgen noch eine beeindruckende Demonstration der hohen Produktivität des hiesigen Meeres beobachten. Die Robben waren schon in großer Zahl um uns herum am Jagen, und dann kamen auch noch Fischerboote und brachten ihre Netze aus. Die werden in einem Kreis von vielleicht 30 Metern ausgefahren und dann langsam wieder eingeholt. Schon nach kurzer Zeit beginnt die Wasseroberfläche von springenden Heringen zu kochen. Ist das Netz ganz zusammengezogen, wird mit einem großen Käscher einfach hineingetaucht und Fass um Fass auf dem Fischerboot mit Heringen gefüllt. Eine sehr effiziente Fangmethode bei so hoher Fischdichte.

Als Abschluss unserer Reise entlang der Küste von Maine sind wir dann im Nationalpark Acadia auf Mount Desert Island angekommen. Abseits vom Trubel im Hauptort Bar Harbor sind wir im Süden von Mount Desert in North East Harbor in die Marina gegangen. Nach der langen Zeit nur vor Anker war es mal wieder ganz schön, eine Dusche zu haben und auch die Wäsche konnte dringend mal wieder gewaschen werden.

Außer der Marina gibt es in North East Harbor nicht viel, aber wie so oft an touristischen Hot Spots der USA gibt es einen kostenlosen Busservice, der einen bequem überall im Nationalpark hinbringt. Hier war jetzt natürlich unser Wanderhighlight mit ausgedehnten Tagestouren und auch mal ein paar mehr Höhenmetern. Trotz der Popularität des Nationalparks ist man bei den meisten Wanderungen schnell wieder allein unterwegs beim Kraxeln über die Granitblöcke. Nur an sehr beliebten Ecken, wie dem Bee Hive, einem kurzen Klettersteig mit sehr schönen Ausblicken, sind viele Leute unterwegs, so dass man immer mal wieder warten muss. Aber man kann dann ja die Aussicht genießen.

Eine nette Sache fanden wir auch noch das Motorschiff Sunbeam, das unterwegs im Auftrag des Herrn ist und seinen Heimathafen in North East Harbor hat. Schon vor über hundert Jahren haben Missionare mit einem kleinen Segelboot die entlegenen Inseln befahren und den wenigen Einwohnern und Leuchtturmwärtern Beistand, Unterhaltung und medizinische Versorgung gebracht. Heute ist die Organisation mit der Sunbeam gut ausgerüstet und betreut immer noch die vielen kleinen Dorfgemeinschaften an der Küste. Und im Winter fungiert die Sunbeam auch als Eisbrecher, um den Fischern den Weg zum Meer zu öffnen.

An unserem letzten Abend in Maine haben wir uns zum Abschluss dann endlich einen Hummer gekocht. Dafür mussten wir noch einen entsprechend großen Kochtopf besorgen, der sich nun etwas sperrig in unserer Pantry einsortiert hat. Aber das war es wert. Auf den kleinen Cranberry Islands vor Acadia verkauft eine Fischereikooperative die Hummer für 10$. Dazu hatten wir noch eine spritzigen Mosel Riesling und selbstgemachte Mayo und das war echt lecker.

Am nächsten Tag haben wir uns aufgemacht Richtung Nova Scotia.

Vor Abfahrt nach Kanada gab es noch ein Spezialprojekt – wir hatten keine Gastflagge und konnten vorort in den USA auch keine mehr kaufen. Von den Kollegen unserer letzten Firma sind wir vor vier Jahren als Abschiedsgeschenk mit allen erdenklichen Gastflaggen der Welt ausgestattet worden. Bisher waren wir für alle Länder vorbereitet. Aber Kanada war nicht dabei. Da kommen wahrscheinlich zu wenige Segler hin. Um nicht ohne Gastflagge anzukommen, was zumindest unhöflich wäre, blieb nichts anderes als selbst eine zu nähen. Das Ergebnis war nicht schön, aber zumindest hatten wir eine Flagge. Und den Officers der kanadischen Immigration ist es nicht aufgefallen.

Bei super Segelbedingungen und Vollmond haben wir die gut 100 Seemeilen über Nacht ganz geschmeidig hinter uns gebracht. Früh morgens passend mit auflaufend Wasser sind wir in Yarmouth angekommen.

Die erste Wohltat hier ist, dass die Hummersaison im Winter ist. Es gibt also keine Hummerfangkörbe mehr. Während wir Maine verlassen hatten, mussten wir noch 20 Seemeilen im Slalom um die Körbe fahren. Danach wurde das Wasser endlich so tief, dass sich ein Ausbringen der Körbe nicht mehr lohnt (oder die Hummer nicht so tief leben?). Und in Nova Scotia – kein einziger Korb. Endlich wieder entspannt segeln.

Wir hatten in den USA in den letzten Monaten wirklich eine tolle Zeit. Wir haben viele nette Menschen getroffen, fantastische Natur erlebt und spannende Städte gesehen. Und es gibt ein paar Dinge, die neben vielen anderen das Land zu einem sehr bequemen Reiseland machen. Es gibt überall immer öffentliche, saubere Toiletten. Dort wo Fußgänger unterwegs sind, ist der Autoverkehr extrem defensiv. Befindet man sich auch nur in Reichweite einer Kreuzung oder eines Zebrastreifens, halten alle Autos an, auch wenn man gar nicht über die Straße will. Die reine Existenz des Fußgängers sorgt für Verkehrsstillstand. Manchmal sind wir dann gegangen, obwohl wir eigentlich gar nicht wollten.

Und dann gibt es an jeder erdenklichen Stelle Informationstafeln zu besonderen Persönlichkeiten, Geschichte, Natur oder Politik. Informationstafelfreunde wie ich können also überall nebenbei etwas lernen oder haben gleich mal am Eingang vom Park das gesamte Wegenetz mit eigenem Standort und natürlich wichtigen Dingen wie den öffentlichen Toiletten vor Augen.

6 Antworten auf „Unsere letzten Wochen in den USA“

  1. Liebe Pee lieber Jan
    danke für diesen letzten und alle vorherigen Eindrücken aus dem Reiseland USA.
    Ihr habt eine Nähmaschine und Stoff an Bord – verrückt.
    Liebe Grüße aus Georgien

  2. Ahoi nach Canada, das ist ja eine traumhafte Landschaft auf euren Fotos.
    Jan macht sich prima als Schneider. Und der Hummer sieht sehr fein aus. Ich wusste gar nicht, das die sooo rot sind.
    Bei uns ist gerade der Hochsommer ausgebrochen. Heute und morgen 35 Grad. Da machen eure Bilder richtig neidisch.
    Macht es gut weiterhin. Liebe Grüße Reinhard

  3. Herzlichen Dank euch beiden für den schönen Bericht- auf Amantami (Titikakasee) in Peru stricken die Herren – auf der Sutje näht „er“. Herrlich! Jan sieht für eine Fotomontage auch zu konzentriert aus 😂
    Hier ist’s heiß 🥵 ohne Ende, genießt den frischen Wind, der euch (hoffentlich) um die Ohren weht.
    Danke auch für den Tipp. NS ist noch auf meiner bucket List, da ist ME ja nicht weit.
    Liebe Grüße von dem Richters

  4. ich wundere mich nicht über eine Nähmaschine an Bord 🙃, Jan sieht wirklich sehr konzentriert aus – und sein maple leaf professionell 🤗🇨🇦, sogar mit Tunnelnaht zum Hissen, chapeau! Merci für Petras verbal und optisch wieder unübertroffen ausgereiften Bericht über eure letzten Wochen. Trotz Hitze fühlt man sich mit euch wie in einer frischen Brise unterm Horizont. Ciao Petra und Jan – mit Vorfreude auf die morgige Bahnreise in die Zentralschweiz zum Grosskind (2 1/2) und ihren Eltern.
    Liebe Grüsse Anja

  5. Moin Ihr 2

    Das klingt einfach alles prima….,beneidenswert!
    Da hätte ich euch gerne einige Zeit begleitet …Schade!
    Die Flagge finde ich super gelungen!!
    Ich wünsche euch eine schöne Zeit in Neuschottland
    Auf bald

    Liebe Grüße
    Schwägerin Sabine

  6. Da hat der Moselriesling bestimmt mehr gekostet als der Hummer :). Es sieht jedenfalls köstlich aus. Danke für die tollen Bilder von euren Wanderungen. Es tut gut einmal wieder die schönen Seiten dieses Landes zu sehen.
    Viele Grüße aus der Steiermark, Brettljause statt Hummer und Welschriesling,
    Doro und Norbert

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