Wir sind nun schon zehn Tage in Yarmouth an der Südwest-Küste von Nova Scotia. Es ist ein netter, recht verschlafener Ort, der ein bisschen verlassen und aus der Zeit gefallen wirkt. Die Hauptstraße bietet wenig, da bis auf ein paar Gastrobetriebe fast alles dichtgemacht hat oder gerade in Abwicklung begriffen ist. Ein paar hübsche Häuser kunden von vergangenen Zeiten, als Yarmouth noch großer Fischerei- und Industriestandort und die Main Street dicht bevölkert war. Aber es ist alles nett und gepflegt. Obwohl die Kaufkraft von den Malls in der Peripherie abgezogen wird, bemüht man sich durch kostenlosen Busservice, Parks, Galerien und einen gut besuchten samstäglichen Farmers Market um die Förderung eines innerstädtischen Lebens.
Ein paar Reisende, die die Fähre von Bar Harbour in Maine nach Yarmouth nutzen, bleiben hier für einen kurzen Aufenthalt hängen und erkunden die lokalen Sehenswürdigkeiten. Beliebt ist der besteigbare Leuchtturm von Cape Forchu, von dem aus man einen fantastischen Blick auf die Einfahrt von Yarmouth hat. Besonders hübsch ist er nicht. Er hat in den 1960er Jahren den alten Leuchtturm ersetzt, der aus Holz war und immer wieder von Wind und Wellen zerstört wurde. Die Coast Guard versprach den Menschen in Yarmouth zwar, der neue Leuchtturm werde wie der alte aussehen, hat dann aber gemerkt, dass sie dafür zu viel Baumaterial benötigt und eine günstigere Variante hingestellt. Bis heute hadern die Menschen in Yarmouth mit der neuen Form und man sieht öfter mal ein Modell des alten Turms in den Gärten.
Daneben hat Yarmouth noch ein paar Museen zu bieten, das Fischereimuseum, das Feuerwehrmuseum, das Waterfront Museum und das County Museum. Wir waren in letzterem, ein sehr liebevoll gestaltetes Heimatmuseum, das natürlich die Seefahrt aber auch viele Themen das täglichen Lebens und der Besiedlungsgeschichte präsentiert. Und dann gibt es einen sehr schönen Golfplatz von 1890, von dem aus man eine tolle Sicht auf die Bucht von Yarmouth haben soll. Das ist mir leider verwehrt geblieben. Als ich gespielt hab, war der Nebel so dicht, dass man gerade noch so den vorausgehenden Flight sehen konte. Es war trotzdem toll, eine fantastische Stimmung und sehr, sehr nette Leute und wenig Schnickschnack. Die Fairways fügen sich in die Landschaft ein und nicht die Landschaft wurde für die Fairways modelliert.
Dieser Trend zur Einfachheit ist auch sonst zu sehen. Es gibt wenig üppige Gartengestaltung. Meist reicht einfacher Rasen und ein, zwei klimatisch anspruchslose und windbeständige Büsche an der Hauswand. Uns gefällt das gut, es ist ein bisschen wie Sylt noch in den 70er Jahren, bevor die Gartenbaubetriebe die Gestaltungshoheit übernommen hatten. Dies ist so einer der Orte, an dem man nach wenigen Tagen bei den Einheimischen bekannt ist und sich selbst auch schnell auskennt und in eine Routine kommt. Das tut dem ständig Reisenden auch mal sehr gut. Hier können wir im Moment nicht mal wandern, weil in ganz Nova Scotia alle Wanderwege, die durch Waldgebiete führen, wegen Brandgefahr gesperrt sind. Das sind im Prinzip alle.
Nachdem wir hier so viel Zeit haben, wurde auch der eine oder andere Gastro-Betrieb besucht. Es gibt eine lokale Brauerei, die verschiedene leckere Biersorten macht und einige Restaurants. In einem mussten wir unbedingt eines der Nationalgerichte von Kanada (genauer Quebec) probieren – eine Poutine. Das sind Pommes mit geriebenem milden Cheddar und brauner Soße. Dazu ein frittiertes Fischfilet mit hausgemachter Remouladensoße. Nicht unbedingt die ausgewogene gesunde Ernährung, aber sehr sättigend und lecker. Und ein krasser Preisunterschied zu den USA. Dort war man im normalen Lokal bei zwei Gerichten auf Plastiktellern und zwei Getränken bei 50 €, hier bei zwei Gerichten auf Porzellan und zwei Getränken bei 25 €.

Eigentlich wollten wir letzten Montag weitersegeln, die Südecke Cape Sable umrunden und dann nach Nordosten weiter Richtung Halifax. Montag war Wind und Gezeit optimal für diese Etappe. Aber wir müssen ja auch immer bedenken, wie es weitergeht und da kommt Hurrikan Erin ins Spiel. Morgen soll er vor der Küste von Nova Scotia vorbeikommen und viel Wind bringen und viel Schwell verursachen. Glücklicherweise passiert das Auge nach Vorhersage in einer Entfernung von 500 km. Aber vor allem an der Südostküste von Nova Scotia kann es in die offenen Buchten reinlaufen und ungemütlich werden. Hier in Yarmouth hoffen wir auf weniger Wind. Außerdem ist der Hafen durch Bunker Island, die in der Hafeneinfahrt liegt, gut gegen Schwell geschützt. Da schauen wir uns dann jetzt mal an, was da so kommt.

Ihr Lieben, ich hoffe, dass der Hurricane Euch verschont und Ihr Richtung Halifax weiter segeln könnt und dann freue ich mich auf den nächsten Beitrag.
Viele Grüße aus Kutaisi, Georgien
Ja toll dass Ihr den – wenn auch wenig ansehnlichen- Leuchtturm von innen und oben ansehen konntet!
Ich kann gut nachvollziehen, dass Ihr das Normale genießt. Und die Preise im Canada sind wirklich fair, das haben wir letzten Monat auch in Van erleben dürfen.
Werden in den Liquor Stores bei euch auch keine US Produkte verkauft? Mit Stolz! Wir fanden die unaufgeregte aber nachhaltige Reaktion sehr erfrischend.
Dann wünschen wir Euch dass der swell sich in Grenzen hält und der Sturm an euch vorbei zieht.
Liebe Grüße aus dem wolkenverhangenen München
Das Essen sieht schon ziemlich nahrhaft aus… Petra, ich freu mich schon auf die Sauce, die du uns dann nachkochst…
Nach diesem Essen kann euch der Sturm jedenfalls nicht mehr wegpusten.
Hoffentlich verschont euch der Hurrican und zieht vorbei.
Poutine hat auch in Erlangen Einzug gehalten, hier gibt es einen Laden, der das anbietet, wir haben es noch nicht ausprobiert, aber nach diesem Foto hält uns nichts mehr zurück :).
Hi ihr Beiden, also das ist ja das krasse Gegenteil von „low fat — no calories“, womit die US-Amerikaner so gerne für alles mögliche werben. Na, wohl bekomms. Gabs auch einen Schnaps danach ?
Dann mal fingers crossed für den Sturmdurchzug.
Liebe Grüße aus den Bergen