Im Süden der USA

Nach gut zwei Jahren in der Karibik haben wir uns nun wieder aufgemacht Richtung Norden. Wochenlang haben wir auf Isla Mujeres in Mexiko ausgeharrt und auf günstige Bedingungen gewartet, um Richtung Florida, USA zu segeln. Es waren ereignislose, heiße Tage, an denen wir immer wieder die Wetterlage beobachtet und abgeschätzt haben. Der in der Karibik vorherrschende Ostwind wurde ab und zu durch einen Nordwind abgelöst und es kamen immer wieder Tiefs aus den USA über den Golf von Mexiko. Zusammen mit dem aus Süden kommenden Yukatanstrom (der später zum Golfstrom wird) gibt das höchst unerfreuliche Bedingungen auf See, die wir gerne vermeiden wollten.

Wir brauchten, um gut Richtung Key West in Florida zu kommen einen Südostwind, der dann auch für mindestens zwei Tage mal anhielt. Ende der ersten Märzwoche war es dann soweit. 15 bis 20 Knoten Wind aus der richtigen Richtung und die Welle im Golfstrom nicht zu hoch und wir hatten dann eine angenehme Reise. Der Golfstrom hat ordentlich mitgeschoben und so waren wir nach zwei Tagen am Ziel.

In Key West haben wir uns ein paar Tage Marina gegönnt, um leichter einzuklarieren und uns erstmal zu orientieren. Die Einreise war dann viel einfacher als befürchtet. Über eine spezielle App der Grenzschützer haben wir unsere Ankunft angemeldet. Nach kurzer Wartezeit bekamen wir den Status „conditionally approved“ mit der Aufforderung, uns persönlich beim Immigration Office zu melden. Dort wurden nur, wie am Flughafen, Fingerabdrücke und Bilder genommen und schon waren wir einklariert. Und alle waren sehr freundlich. Von anderen Seglern hatten wir gehört, dass ihre Schiffe gründlichst nach verbotenen Lebensmitteln etc. durchstöbert wurden. Bei uns nicht. So hatten wir ganz umsonst studiert, was genau verboten ist und ganz umsonst alles verbotene noch in Mexiko oder auf See konsumiert.

Key West ist sehr schön und gepflegt und es hat mal wieder richtig Spaß gemacht, auf intakten Bürgersteigen an hübschen Häusern mit schönen Gärten im Schatten von Straßenbäumen stressfrei spazieren zu gehen. Nur die vielen Hühner, die überall in Key West frei rumlaufen, haben noch an die Karibik erinnert. Der Ort ist natürlich voll von Touristen, aber er hat seine Struktur nicht verloren. Es gibt keine großen Bettenburgen und man hat den Eindruck, dass auch eine einheimische Population dort noch ihren Wohnsitz hat. Aber natürlich gibt es viele Bars und Restaurants, in denen die amerikanische Rentnergeneration ihren Tag genießt und der amerikanischen Gitarrenrock der 70er Jahre dudelt.

In der Marina kommen regelmäßig Manatees vorbei, die darauf warten, dass jemand ihnen Süßwasser zum Trinken gibt. Die Tiere nehmen den Schlauch wie einen Strohhalm ins Maul, tauchen dann wieder ab und lassen sich volllaufen. Das dauert ziemlich lange. Offensichtlich können sie viel Wasser auf einmal aufnehmen. Und es scheint sehr attraktiv für sie zu sein. So nett das auch ist, wir haben gelernt, man sollte das nicht tun, weil sie dann zu oft in die Nähe von Hafenanlagen kommen und die Gefahr steigt, dass sie durch Schiffsschrauben verletzt werden.

Von der Marina, die an einem einzigen Tag so viel kostet wie ein Liegeplatz in einer Marina in Westportugal in einem ganzen Monat, haben wir uns dann nach ein paar Tagen an eine Mooring verlegt und mal wieder auf das nächste Wetterfenster gewartet, um weiter nach Norden zu kommen. Wir wollten Florida zügig hinter uns lassen. Das hat auch geklappt. Einen Zwischenstopp gab’s nach 24 Stunden zum Ausschlafen in Key Biscayne vor den Toren von Miami.

Danach sind wir in zwei Tagen die gesamte Küste hochgesegelt bis an die Grenze von Georgia, um dort in den ICW (Atlantic Intracoastal Waterway) abzubiegen. Der ICW ist ein mehr oder weniger gut markiertes und geschütztes Fahrwasser durch Priele, Flußmündungen und Kanäle, das 1000 Seemeilen entlang der US-Ostküste von Florida bis Virgina führt.

Unser erster Stopp im ICW ist ein Örtchen mit dem schönen Namen Fernandina. Das Ufer von Fernandina wird durch große Schiffsanleger und Fabriken dominiert, aber dahinter tat sich ein dann ein überraschend netter Ort mit historischem Zentrum und ein bisschen Tourismus auf. Einen guten Supermarkt gabs auch und erfreulicherweise war der auch viel preiswerter als wir das in Key West erlebt hatten, wo beispielsweise ein Pfund Kartoffeln 5$ gekostet hat. Wir haben uns also erstmal wieder gut mit frischen Lebensmitteln eingedeckt. Das war auch wichtig, denn seitdem sind wir auf dem ICW unterwegs und seit gut einer Woche gab es keine Gelegenheit, Lebensmittel außer Cola, Bier und Chips zu kaufen.

Wir fahren durch eine Landschaft, die durch die Gezeiten geprägt ist. Priele führen durch weite, flache Schilfflächen, aus denen sich ab und zu eine sandige Insel mit ein paar Kiefern erhebt. Alle sechs Stunden gibt das Wasser viel Schlick und jede Menge Austern frei. Beim Navigieren durch den Wasserweg muss man die Gezeiten immer im Blick behalten. Nicht nur, um sie zum Anschieben auszunutzen, sondern auch, um sicher über einige Flachstellen und unter einigen Brücken durchzukommen. So ziehen wir durch dieses Naturparadies, in dem sehr viele Delfine zu beobachten sind und wir auch ein paar Alligatoren sehen konnten.

Die dem Schilfgürtel vorgelagerten Inseln sind dann wieder so ganz anders. Wälder aus Virginia-Eichen, voll mit Spanischem Moos liefern angenehmen Schatten. Zum Atlantik hin sind schöne, breite Sandstrände, an denen die Sanderlinge und Strandläufer emsig am Flutsaum nach Nahrung stochern. Wir haben vor Cumberland Island geankert, ein Nationalpark mit nur einem kleinen Hotel, ein paar sehr einfachen Campingplätzen und einer Population verwilderter Pferde. Ein paar Tagestouristen kommen mit der Fähre und schauen sich die Ruinen der ehemaligen Plantagen-Herrenhäuser an. Ansonsten ist die Natur hier ungestört.

Jekill Island, eine Insel weiter im Norden hat dann einen ganz anderen Charakter. Die Eichen mit dem Spanischen Moos sind auch dort dominant. Die ganze Insel ist aber eine Parklandschaft mit Ferienhäusern, Golfplätzen und sich durchschlängelnden Fahrradwegen. Auch am Strand konnte man bei Niedrigwasser wunderbar mit dem Rad fahren. Alles ist super gepflegt und neben Wellen, Wind und Vögeln waren die Laubbläser das dominierende Geräusch. Aber die Bläser sind sehr rücksichtsvoll und pausieren, wenn man mit dem Fahrrad vorbeikommt. Sehr gediegen und privilegiert.

Unsere dritte Insel, Sapelo Island, war das Gegenteil. Am Fährterminal sammelte sich eine große Anzahl mehr oder weniger schrottreifer Pickups. Man weiss nicht, ob die von Insulanern dort nur für einen Festlandsaufenthalt  oder für immer abgestellt sind. Tourismus gibt es nicht so wirklich. Es kommt zwar eine Fähre, aber die paar Tagestouristen werden in einem Sammeltaxi über die Insel gefahren und nach drei Stunden wieder am Fährterminal abgekippt. Das Land gehört im Wesentlichem dem Staat und es gibt einige Forschungseinrichtungen der University of Georgia. Eine Gemeinde von 70 Seelen lebt im Zentrum der Insel.

Wir haben für 50$ zwei alte Fahrräder mieten können und die Insel abgeradelt und es war super nett. Die Einheimischen waren natürlich alle nur mit dem Pickup unterwegs, aber jeder hat freundlich aus dem Auto gewunken. Es sprach sich schnell rum, dass wir dort unterwegs sind. Als wir Mittags im einzigen Bar und Grill der Insel aufschlugen wurden wir schon auf unsere Tour angesprochen.

Jetzt liegen wir kurz vor Savannah vor Anker und werden dort für ein paar Tage in die Marina gehen. Wir bekommen Besuch von Cathy und Keith, einem ehemaligen Kollegen von Jan.

5 Antworten auf „Im Süden der USA“

  1. Liebe Pee, lieber Jan, ein sehr schöner neuer Bericht. Ich wußte gar nicht, dass man da parallel zur Küste inländisch durchschippern kann. Einige Bilder sehen sehr heimatlich aus.
    Genießt die USA und Eure Fahrt.

  2. Ahoi und Moin in die Südstaaten. Ihr seid ja schon richtig weit nach Norden gekommen. Und extra viele interessante Fotos. Das ist schön zu Lesen und Anzuschauen. Das sind schon viele sehr unterschiedliche Welten, die ihr bereist. Wenn ihr mal wieder nach Deutschland kommt, wird das vielleicht eintönig auf euch wirken, nach so vielen Eindrücken. Immerhin – wir können gerade auch mit schönem (leider viel zu trockenem) Frühsommerwetter aufwarten. Die Natur explodiert, die Pollen fliegen,….
    Viel Spaß weiter an der Ostküste und schickt gerne weiter so viele Fotos.
    Liebe Grüße aus den Weinbergen in der Pfalz.

  3. Liebe Petra & Jan, vielen Dank für euren schönen Bericht!
    Fast verwunderlich dass die Sutje nicht von den Immigrationsbeamten nach regierungsfeindlichen Witzen durchstöbert wurde 😅
    Key West ist definitiv eines der schönsten Gesichter der USA, auch RI würde ich dazu zählen. Wie sieht eure Planung nun aus? Geht’s weiter nach Norden? Wir wünschen euch weiterhin eine gute Zeit, wunderbare Eindrücke und Begegnungen und freuen uns auf das nächste Update , R2&alex

  4. Da schließe ich mich Tobi an! 😀.
    Toll, wieder in Gedanken dabei sein zu können. Danke auch für die tollen Bilder!

    Und nun weiß ich auch, was Manatees sind. Musste ich aber nachschlagen, ich biologisch völlig Unwissende. Habt ihr Fotos von welchen gemacht? Sehen ja echt knuddelig aus…

    Wir wünschen euch noch eine weiter so schöne Tour! 🌺🙋‍♀️🌺

    Alles Liebe von
    KlausOleIdaPeterKalle&Liddelsista

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